Second Home

Erika Hock

28.04.2017 - 25.07.2017

Der Zweitwohnsitz ist Signum einer Generation von rastlosen Pendlern und Stadtnomaden. Second Home, fast schon als Paradoxon einer Heimat entgegengesetzt, beschreibt einen temporären Aufenthaltsort dynamischer Akteure in flexiblen Lebensstadien. Darüber hinaus kann der Begriff auch für die schwindende Grenze zwischen Privatleben und Arbeitsort gedacht werden. Der Arbeitsplatz wird zum subjektivierten Raum, in dem in einer Aura des Wohlfühlens Effizienzsteigerung garantiert werden soll. Zwischen Yogakursen, Pflanzenarrangements und „healthy food“ steigt die Bereitschaft „always connected“ und verfügbar zu sein und verwässert Arbeit zur Illusion.

 

Die skulpturalen Objekte von Erika Hock sind Resultate einer Auseinandersetzung mit diesen neuen Wohlfühlkonzepten und ihren Erscheinungsformen. Das 2017 in London eröffnete Second Home ist ein zugangsbeschränktes Kreativbüro. Seine Architektur und Ausstattung sind „inspired by academic research in evolutionary psychology and biophilia, and every aspect has been carefully designed to support wellbeing, productivity and creativity.“[1]  Diese konstruierte Zweitheimat wird hierbei zum Titelgeber der Ausstellung.

 

Erika Hocks Hybride aus Design, Architektur und Mode erinnern an permanente Besucher unserer Alltagswelt. In ihrer Serie Elbows & Knees agieren pulverbeschichtete Stahlrohrkonstruktionen in slapstickartiger Manier. Anthropomorphisiert agieren diese objekthaften Interakteure entgegen ihrer ursprünglichen funktionalen Idee. Der Stuhl ist als solcher nicht mehr nutzbar, stattdessen wird er zum spaßigen Gefährten. Tische, die die Möglichkeiten ihrer eigenen Konstruktion zu erproben scheinen oder Yogaübungen ausführen, animieren uns, es ihnen gleichzutun. Diese Rückkoppelung auf den eigenen Körper denkt die Grundidee von Design, den Körper nachzuformen, rückwärts. Es entstehen Charakterobjekte, die wir als Partner verstehen; als vertraute Verbündete mit denen wir spielerisch in Beziehung treten. Unweigerlich haben sie dabei ihre Effizienz eingebüßt und werden zu störrischen Objekten, zu Unruhestiftern, die nicht mehr gelehrsam ihrer Aufgabe nachgehen.

 

Erika Hock fragt nach der Verwobenheit von Objekten in unserer Lebensrealität und wie sich individuelle Spuren in einer Gesellschaft zwischen Mobilität und Beständigkeit sowie flexibler Arbeitsprozesse noch in diese einschreiben lassen. Ferner thematisiert Hock, welche Anreize durch Design und Architektur geschaffen werden können und inwiefern sie zu Instrumenten von „social businesses“, einer kapitalistischen Vermarktungsstrategie von Heimat, die die Privatsphäre in den Arbeitsraum überführt, werden können.

 

 

[1]https://secondhome.io/#architecture Letzter Zugriff:16.04.2017.