Liquid Bodies

Vanessa Conte, Stefanie Heinze, Zsófia Keresztes

06.09.2019 - 27.10.2019

Die Ausstellung Liquid Bodies vereint die künstlerischen Positionen von Vanessa Conte, Stefanie Heinze und Zsófia Keresztes. Ihnen liegt ein dynamischer, transformatorischer, assoziativer, feministischer Ansatz in der Verhandlung von Körpern und Objekten zugrunde.

 

Vanessa Contes Malereien und Zeichnungen sind kurvenintensiv. Hierunter fallen die Rundungen weiblicher Körper sowie auch die Verläufe von Transportmitteln und Straßenzügen. Ihre Darstellungen von Objekten geraten geleeartig ins Wabern und changieren zwischen Objekt und Organ. Fahrräder verwandeln sich zu weiblichen Körperteilen wie Vulven, Brüsten und Ärschen. Überproportioniert wird diesen eine derartige Macht und Wirkungsgewalt zugesprochen, dass die umliegende Stadt ins Wanken gerät. Vanessa Contes künstlerische Praxis widmet sich der Materialität und dem Potenzial von Körpern mit der eine Analyse einhergeht, was „Körper“ eigentlich sind. In ihrer Sammlung von Kurzgeschichten Cures for Pouting Girls (New York, 2016) und an Hentai-Comics erinnernden Zeichnungen skizziert Conte sadistische und demütigende Handlungen an jungen, kurvigen, überstilisierten Frauen. Der weibliche Körper wird zum Material und Austragungsort eines sexuellen Machtgefälles. Trotz der drastischen Gewaltdarstellungen wird die Narration durch starke Übertreibung und Sinnlosigkeit der Bestrafung gebrochen. Es sind Darstellungen, die zwischen sexueller Vorstellung und Ablehnung schwanken können, aber immer nach der Positionierung von Autor und Betrachter fragen und die Debatte um einen male bzw. female gaze eröffnen.

 

Tumultartige Organisationen und surrealistisch anmutende Verwirrungen durchziehen das malerische Werk von Stefanie Heinze. Kategorisierungsversuche und Konkretisierungswünsche laufen häufig ins Leere. Im Dazwischen, auf der Schwelle zu etwas Werdendem, das während der Übertragung von der Vorzeichnung zum Gemälde und von der Idee der Form zur Form passiert, lassen sich Heinzes Bilder verorten. Sie nutzt den Raum der Übersetzung als Freifläche für Assoziationen und spickt diese mit verspielten, karikaturistischen Elementen. Anthropomorphe Formen scheinen sich zu verflüssigen, alles wird dehnbar und jede Kontur verzieht sich zäh wie Kaugummi in der Sonne. Heinze folgt keinem starren Kompositionsschema, sondern lässt intuitiv zu, was im Moment des Malens wahrnehmbar präsent ist. Ihr Körper, ihr Unterbewusstsein, Obst im Atelier. She is going with the flow. Heinzes Positionierung zu Themen wie Genderfragen, Sexualität, Klassenverhältnisse, Psychologie und Esoterik manifestieren sich nicht in einem konkret erhobenen Zeigefinger, sondern umspülen die kleinen Dinge, die damit im Zusammenhang stehen. Auf der Leinwand, dem von ihr gesetzten Freiheitsraum, sind auch das Scheitern und das Verwerfen möglich – als Gesten des Prozessualen.

 

Der menschliche Körper, Kontakt und höfliche Umgangsformen sind Ausgangspunkt von Zsófia Keresztes’ bildhauerischen Arbeiten. Diese Formen stellt sie in den Kontext einer global agierenden, permanent vernetzten, aus Pixeln zusammengesetzten Welt. Die Oberflächen ihrer lebensgroßen Skulpturen sind mit Glasmosaikplättchen besetzt, die sowohl an Rüstungen wie auch an die Zusammensetzungen von Screens erinnern. Ihre anthropomorphen Wesen wirken wie in ihrer Hülle eingesperrte oder eingeschnürte Kontaktsuchende. Mit Titeln wie My dearest enemy, der einen stark vergrößerter Uterus mit langen Haaren bezeichnet, rekurriert Keresztes auf das diffizile Verhältnis zu ihrem Geschlecht. In ihren Arbeiten analysiert sie die Relation von Nähe und Distanz und den Wunsch nach Verschmelzung und Abgrenzung. Dabei markiert sie Körpergrenzen gleichzeitig als Hürde und Schutzraum.

 

Die Fließfähigkeit von Geschlechtern ist seit Jahrhunderten ein gesellschaftliches Thema und steht für das permanente Neuverhandeln von Beziehungen, der eigenen Sexualität und der eigenen Identität. Der in dieser Ausstellung diskutierte Austausch von Macht, Formen von Bestrafung und Disziplinierung von Körpern markiert den Körper als Material und Austragungsort soziokultureller Zusammenhänge. Der Diskurs und die Politisierung des, in diesem Fall, weiblichen Körpers und die Verletzlichkeit der menschlichen Gestalt im Allgemeinen verlangen nach einem dynamischen Umgang, der fern von Konditionierungskategorien liegt.